«Die ersten zwei Drittel des Jahres liefen die Geschäfte gut bis sehr gut», berichtet Vinzenz Batt als Geschäftsführer des Schweizer Bootbauerverbands. Es hätte allerdings noch besser sein können, «aber es fehlen die Boote.» Quer durch die Mitgliederschaft werde von Engpässen berichtet, nicht nur bei Booten aus Übersee, sondern auch innerhalb Europas. Er ergänzt: «Auch der Gebrauchtmarkt ist leergekauft. Und die Prüfungsämter für Fahrerlaubnisse sind bis auf weiteres ausgebucht.»

In der Schweizer Bootsbaubranche arbeiten etwa 2000 bis 2500 Menschen, davon ist rund die Hälfte über ihre Betriebe im Verband organisiert. Um dem ebenfalls anhaltenden Fachkräftemangel entgegenzusteuern, promotet dieser die Berufswettbewerbe unter dem Motto ‚Swiss Skills‘. Damit einher gehe ein Wandel vom Bootsbauer zum spezialisierten Bootsfachwart. «Das Leuchtturmprojekt hat die Botschaft, auch mit handwerklicher Arbeit kann jeder Karriere machen», so Vinzenz Batt.

Marex 360 Cabriolet Cruiser

Ein Paradebeispiel der Marktlage ist die Brunnert-Grimm AG aus Gottlieben, ein Stammaussteller seit der ersten Interboot und zuvor in den Fünfzigerjahren bei der IBO. «Die Nachfrage hat sich auf dem hohen Niveau des Vorjahres stabilisiert», sagt Peter Grimm, der die geduldigen Kunden lobt, auch wenn er diese arg strapaziere. Es werde nämlich schon eng, zu Beginn der nächsten Saison ein Boot zu bekommen, selbst wenn Kaufwillige jetzt ordern. Seit 26 Jahren ist das Unternehmen Händler der US-Amerikanischen Cobalt-Boote und leidet akut unter nie dagewesenen Lieferengpässen. Obwohl bereits im April bestellt, komme so gut wie nichts über den grossen Teich, weil die Nachfrage auch in den USA durch die Decke schiesse, so Peter Grimm. Probleme bereite vor allem die Zulieferung der Motoren praktisch aller Hersteller, auch bei der finnischen Marke Grandezza, deren 37 die Schweizer als grösste Yacht direkt nach Friedrichshafen anliefern lassen. «Sechs bis acht Boote, auch Fairline- und Cobalt-Modelle, werden wir dennoch zeigen», verspricht Peter Grimm den Kunden, der für die Jubiläumsausgabe eigens ein Logo «60 von 60 an der Interboot» entwerfen liess.

Fairline 33

Für die Zukunft erwartet und verlangt Peter Grimm ein schnelleres Umdenken in punkto Umweltschutz. «Unsere Branche muss sich ernsthaft mit dem Klimawandel auseinandersetzen und Elektroantriebe aus dem Nischendasein herausführen. Übergangsweise dürfen es Hybridantriebe sein. Für einen Törn von Konstanz nach Bregenz genügt eine Reichweite von 50 Kilometer, bevor die Akkus wiederaufgeladen werden können. Viermal 300-PS-Benzin-Aussenborder sind dagegen wirklich nicht mehr zeitgemäss.»

Diesem Zug der Zeit wird die Pro-Nautik AG aus Romanshorn durch die Greenline-Reihe gerecht. Rund 50 Motorboote wurden bereits in den Schweizer Markt geliefert, fast alle mit Hybridantrieb. «Die Greenline 39 dürfte auch auf der Interboot 2021 wieder ein Magnet sein», glaubt Yves Bosshart, «für einen Verdränger ist ein E-Antrieb prädestiniert. Sie kommt in der Deluxe-Version nach Friedrichshafen.» Im Romanshorner Haupthafen, der grössten Schweizer Stadt am Bodensee, habe seine Firma auch noch Zugriff auf ausreichend grosse Liegeplätze – ein Dauerthema im Land. Nur ein dichtes Händlernetzwerk in allen Revieren biete Käufern auch die gewünschte Bleibe am See ihrer Wahl. Neben der Bavaria S33 HT sowie der Familienyacht Jeanneau NC 37 und der Glastron GX 195, die von der Hausammann Caravan + Boote AG am gleichen Stand gezeigt werden, wollte Bosshart auch Segelboote ausstellen. «Die Lieferung wurde aber leider auf November verschoben», bedauert der Werftchef.

Die Traditionswerft Boesch, die für kleinen, feinen und werthaltigen Holzbootsbau steht, kann die Kundenwünsche dank vorausschauender Jahresplanung in puncto Material- und Zubehörbestellung weitgehend erfüllen, sei aber nach Aussage von Markus Boesch restlos ausgebucht. Das vom Innenlayout überarbeitete Modell Sunsport der Boesch 710 mit mehr Platz im Cockpit und seitlichem Gang auf der Steuerbordseite neben der Liegefläche sowie einer grossen Sitzecke backbords werde just in time für die Interboot fertiggestellt. Neben einer Sunski 620 wird eine fast 40 Jahre alte, restaurierte 590 den Vergleich zwischen früher und heute bereitstellen.

Sage und schreibe 17 verschiedene Modelle aus dem Sea Ray-Programm wird die W.A.R. Bootbau & Boothandel AG auf 800 Quadratmeter inmitten der Halle B1 zeigen. Möglich ist dies durch die Bündelung der Interessen mit den deutschen und österreichischen Importeuren unter dem Dach des europäischen Generalimporteurs Brunswick aus den Niederlanden und Belieferung aus dem polnischen Werk der US-Marke. «Es machte ja keinen Sinn, wenn jeder für sich nur eine Handvoll Sea Rays vorhält», erklärt W.A.R.-Geschäftsführer Christian Vogel. So sei von der SPX 190 bis zur Sundancer 320 für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei. Nach der vielbeachteten Weltpremiere des schnellen schwedischen E-Hydrofoilers Candela Seven im Vorjahr dürfen Besucherinnen und Besucher diesmal gleich zwei Farbvarianten bewundern.

Candela Seven (Photo (c) marina.ch)

Die Nasbo-Werft aus Altnau hat eine Messepremiere zur Interboot angekündigt. Die 7,37 Meter lange und 2,50 Meter breite Uttern C70 für den Wochenendausflug trägt eine skandinavische Handschrift. Mit grosser, heller Kabine und stabiler Schiebetür zum Cockpit ist das Boot für acht Personen ausgelegt. Als neuer Importeur (seit 2020) der polnischen Werft DarekCo für die deutsch-sprachige Schweiz, Süddeutschland und Österreich werden die Texas 430, 610 Pilot, 645 Pilot und 585 Tender zu sehen sein. Zudem werden verschiedene MerCruiser-Sterndrive-Modelle und Mercury-Aussenborder bis 150 PS ausgestellt, die ohne Ausnahmegenehmigung auf dem Bodensee gefahren werden dürfen.

(Pjotos zvg INTERBOOT Friedrichshafen )