Beobachtungen, Gedanken, Gefühle wie Lust, Angst oder Freude verarbeitet Adrian Bättig in seinem Zürcher Atelier zu aussagestarken, packenden Werken. «Wenn ich mich durch unsere Welt bewege, sei es auf dem Velo zum Bahnhof, auf Spaziergängen oder auf Reisen, so verinnerliche ich gewisse Momente und Gesehenes. Im Atelier verarbeite ich das Verinnerlichte, indem ich es auf Papier bringe», erklärt Adrian Bättig. Sein ursprüngliches Medium dazu war die Zeichnung. Die anfänglich figürlichen Gestaltungselemente wurden immer mehr durch eine abstrakte Strichtechnik des Künstlers abgelöst und in einer weiteren Schaffensphase zu Kompositionen mit Farben, Schichten und Verläufen vermengt. Der Künstler, Kunstwissenschaftler und Kunstlehrer, der seit Jahren auf dem Gebiet der Farben forscht und lehrt, zeigt nach zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland erstmals eine umfassende Bestandesaufnahme seines Schaffens an seinem Wohnort in der Galerie Höchhuus in Küsnacht.

Die Wirkung der Farbwelten

Den Auftakt der Ausstellung macht die Serie «Colorscapes», an welcher der Maler von 2014 bis Anfang 2021 arbeitete. Sie besteht aus klein- bis mittelformatigen Acrylmalereien auf Baumwolle und Hartfaserplatten. Doch Acrylmalerei wird diesen Werken nicht gerecht. Denn Adrian Bättig bringt die Acrylfarbe nicht nur mit Pinsel oder gar mit einer Abwaschbürste auf die Unterlage, sondern bearbeitet seine Bilder auch mit Hilfe von Klebeband, Cutter, Lösungen oder Schleifpapier. Der Künstler lotet regelrecht die Grenzen der Acrylmalerei aus. Schnelle Farbaufbringung wechseln sich ab mit langsamen und präzisen Arbeitsschritten. Basis der «Colorscapes» sind schwarz-weisse Strichzeichnungen, die von 2000 bis 2009 entstanden sind und Abstraktionen von Wahrnehmungen wiedergeben. Indem Adrian Bättig für «Colorscapes» mit Farbe und Farbklängen arbeitet, übersetzt er die Zeichnungen in Malerei.

Adrian Bättig, «Colorscape Nr. 30», 2018, Acryl auf Baumwolle.

Adrian Bättig‘s neueste Serie knüpft an die «Colorscapes» an: Für die Malerei auf Leinwand in mittleren und grossen Formaten sind nicht mehr frühere Zeichnungen Ausgangspunkt, sondern Fotografieren aus Zeitungen, Zeitschriften und dem Internet. Beispielsweise eine Fotografie der Olympischen Spiele in Peking oder ein Bild des weltweit grössten Containerschiffes namens «Ever Given». Es sind abgebildete Ereignisse, die dann auch die Titel der Werke bestimmen. «Anders als die Zeichnungen geben die Medienbilder durch ihre Farben und Belichtung eine Atmosphäre vor, die in meine Malerei einfliesst und sich weiterentwickelt», erklärt Adrian Bättig. Die Wirkung starker Farbkontraste, das Ausformen des Malmaterials zu einer reliefartigen Landschaft oder das taktile Bewältigen der Leinwand mit blosser Fingermalerei beschäftigen hier den Künstler.

Adrian Bättig, «Olympia», 2020, Acryl auf Leinwand.

Ausdruck in Textform

Die zeichnerische Seite von Adrian Bättig zeigt auch das Buch «Mein Kathmandu / The Kathmandu Papers», das zur Ausstellung im Höchhhuus erscheint. Es ist Zeugnis einer Reise, die Adrian Bättig im 2019 nach Nepal unternahm und seine Entdeckungen, die wahrgenommenen Gerüche und Geräusche, die er während seinen täglichen Stadtwanderungen sammelte, zeichnend und auch schreibend zu Papier brachte. Dabei stehen die Zeichnungen sowie die verschiedenen Textsorten – tagebuchartige Zeilen, lyrische Passagen und die Gedanken seines Alter Ego‘s Balthasar Stöber – jeweils eigenständig für sich. «Die Zeichnungen und der Text haben etwas Unmittelbares. Das Gesehene, Gefühlte, Gerochene erhalten eine vorstellbare Form. Während die Zeichnung als abstrakte Wiedergabe einer bestimmten Momentaufnahme rasch gesetzt ist, finde ich mich beim Schreiben in einem reflektierenden Prozess, in dem ich eine Geschichte, eine Begegnung durchleuchte, Hintergründe und Bedeutungen analysiere, den Text immer wieder präzisiere, bis ich den Punkt setze», sagt Adrian Bättig, für den das Schreiben nebst dem Zeichnen und Malen ein weiteres Medium für seine künstliche Ausdrucksform bedeutet.

Adrian Bättig, Zeichnung aus «Mein Kathmandu / The Kathmandu Papers», 2019, Fineliner/Papier.

(Photos zvg)